Montag, 19. März 2012

IND-XII: Basketballwochenende in Kochi (Teil 1)

* Zum Basketballpokal nach Kochi *

Customs and Central Excise Kochi
72:75 (n.V.) Indian Overseas Bank Chennai
Datum: Freitag, 16. März 2011 – Beginn: 17.30
Wettbewerb: 26th Federation Cup Basketball Championship (Vorrunde des landesweiten Pokalwettbewerbs für Basketballerstligisten/ Amateurmeisterschaft)
Ergebnis: 72:75 nach 45Min. – Viertelergebnisse: ?:?, ?:? (= 27:25 Halbzeit), 17:26, 19:12 (= 63:63 Endstand); Verlängerung 9:12
Punkte: unbekannt, Fouls: unbekannt
Spielort: Rajiv Gandhi Indoor Stadium, Kochi (Kap. 10.000 Sitzplätze, davon heute 3.000 Sitzplätze freigegeben)
Zuschauer: ca. 800 (Gästefans: ca. 20)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Spannendes und gutes Spiel – viel besser als zu erwarten war!)

Punjab Police Jalandhar 71:82
Oil and Natural Gas Corporation Dehradun
Datum: Freitag, 16. März 2011 – Beginn: 19.15
Wettbewerb: 26th Federation Cup Basketball Championship (Vorrunde des landesweiten Pokalwettbewerbs für Basketballerstligisten/ Amateurmeisterschaft)
Ergebnis: 71:82 nach 40Min. – Viertelergebnisse: 15:35, 20:13 (= 35:48 Halbzeit), 17:21, 19:13
Punkte: unbekannt, Fouls: unbekannt
Spielort: Rajiv Gandhi Indoor Stadium, Kochi (Kap. 10.000 Sitzplätze, davon heute 3.000 Sitzplätze freigegeben)
Zuschauer: ca. 500 (davon ca. 5 Punjabi und ca. 5 ONGC-Leute)
Unterhaltungswert: 5,0/10 (Anfangs tolle Leistung von ONGC, doch je mehr die Sieger nachließen, desto schwächer wurde das Spiel)
IMG_3857
Photos and English Version:

Freitagmorgen: erstmal einen Blick in die „Hindu“ und die „Indian Times“ werfen. Anhand von Artikeln zu gestrigen Sportwettbewerben und den wenigen Zeilen, die unter „Engagements“ (also „Ansetzungen“) stehen – und übrigens immer nur auf Ansetzungen vom selben Tag hinweisen – kann man sich die Spiele zusammenreimen, die es in bestimmten Sportanlagen im Laufe des Tages geben wird. Da viel zum Basketballpokal stand (sogar Uhrzeiten genannt wurden), entschieden wir uns sofort nach dem Unterricht um 12.30 nach Kochi, einer der größten Städte des Bundesstaates Kerala (Kochi bedeutet übrigens „Kleine Lagune“ oder „Hafen“ und zählt mit allen Vororten etwa 1,1 Mio. Einwohner), zu fahren.

Der Bus fuhr leider eine lange Strecke außen herum und hielt dann am nördlichen Busbahnhof Vyttila. Der liegt 6km entfernt von der berühmten Canon Shed Road – der wichtigsten Straße für alle Rucksacktouristen und die Leute, die sonst noch darauf aus sind, möglichst wenig Geld auszugeben. Es fand sich mal wieder kein Schaffner oder Busfahrer, der einem auf Englisch erklären konnte, wie man zu dieser Straße kommt, sodass man sich auf einen Rikschafahrer einlassen musste. 1,50€ klingt wenig – ist in Indien aber zu viel: als Inder zahlt man die Hälfte, als Tourist ist man mit diesem Betrag aber noch gut bedient. Gegenüber vom Fähranleger (Jetty) fingen dann auch schon die Hotels an. Wir probierten das „Marple Regency“, dessen günstigste Zimmerkategorie bei 485 Rp. (7,90€) pro Nacht/ DZ lag. Die Zimmer waren absolut OK – auf jeden Fall besser als die ameisenverseuchten Studentenzimmer im SEERI Institut mit den klemmenden Türschlössern, wacklige Klobrillen und ollen Betten – aber nicht so gut wie in Calicut in dem Hotel, in dem wir letzte Woche waren. Das kostete aber auch 15 Rupien mehr...

Mittlerweile war es 16 Uhr durch und wir mussten erstmal was essen, sodass wir das Freitagsspiel der Kochi Premier League (einer regionalen Amateurfußballliga, die wir vielleicht nächste Woche Freitag mal angucken werden) sausen ließen und nach einem sehr günstigen, großen und leckeren Essen bei einem muslimischen Restaurant in der South Over Bridge Road nur zum Basketball gingen. Die besten Restaurants in Indien sind übrigens jene „non-veg“ muslimischen Restaurants mit „Halal food“. Die besten Sportler sind oftmals auch Muslime (bei Männern- wie Frauensportlern gleichermaßen). In diesem Punkt kann man Ernährung und Sport in einen besonders deutlichen Zusammenhang bringen. Das fleischlose Hindu-Essen schmeckt nicht nur nicht so gut – es bringt auch nicht genug Energie für den Körper eines Leistungssportlers.
IMG_3876
Wir kamen kurz vor der Halbzeit eines Männervorrundenspiels in der Sporthalle „Rajiv Gandhi Indoor Stadium“ an. Das Spiel hätte eigentlich laut Ansetzung in der Zeitung da schon vorbei sein müssen (bzw. in der Verlängerung) – aber es spielte ja die Mannschaft aus Kochi, also konnte man sich nicht beschweren. Die Stimmung war nämlich überdurchschnittlich gut. Auch wenn da die BSG der Zoll- und Steuerbehörde (Customs and Central Excise) spielte – Hauptsache Kerala, noch besser: Kochi. Einige Fans gingen echt gut mit. Die Jugendspieler und der Alte mit dem Haarkranz, die heute am lautesten waren, sollten aber erst am Samstag so richtig auffallen...

Was bei Betreten der Halle außer der Stimmung bei guten Aktionen der Heimmannschaft und Freiwürfen der Gäste aus Chennai, Tamil Nadu (die wurden mit Affenlauten bedacht: aber kein uh-uh-uh, sondern schrilles Gekreische und Trillern) noch auffiel, war die enorme Weitläufigkeit und dadurch geringe Auslastung. Nur das untere Drittel der rechten Hintertortribüne und die jeweils rechten Hälften der Untertribünen und ersten Galerien der Längstribüne waren geöffnet. Alle Tribünen haben drei Ebenen. Während die Längsseiten unten mit staubigen und teils beschädigten Kunststoffschalensitzen bestückt sind, hockt man hinter den Toren (bzw. beim Basketball auf den Längsseiten) auf großen, groben und noch staubigeren – teilweise von Vögeln zugeschissenen – Betonstufen. Die Deckenhöhe ist gewaltig, was man der grün angestrichenen Halle mit ihrer schiffrumpfsartigen Gestalt auch schon von außen ansieht. Richtig cool muss ja der Blick von der zweiten Galerie der Längsseite sein: vorne an der Reling guckt man knapp 20m senkrecht nach unten aufs Feld...

Auf dem Feld tat sich übrigens beim Spiel der Customs Kochi und der India Overseas Bank Chennai (früher Madras) erstaunlich viel Sehenswertes. Das war schon gutes Amateurniveau – auch wenn sehr unorthodox in die Pässe des Gegners gesprungen wurde – und vor allem sehr spannend. Bei 63:63 ging das sehr enge Spiel in die Verlängerung. Dort hatten die Gäste aus dem Bundesstaat Tamil Nadu (Südostspitze Indiens) mit drei Punkten Vorsprung die Oberhand über die Gastgeber aus Kerala (Südwestspitze Indiens).

Etliche Zuschauer hatten die Halle bereits verlassen, als die Mannschaft der Erdölgesellschaft ONGC aus Dehradun, Utterakhand auf den Polizeisportverein Jalandhar, Punjab traf. Das Spiel fand im ersten Viertel auf deutlich höherem Niveau statt. Allerdings war es relativ einseitig, da die Polizisten keinen Stich gegen die Leute vom Ölkonzern sahen. Das Passspiel von ONGC war hervorragend, der Abschluss unterm Korb und vor der Dreipunktelinie sehr gut. Im zweiten Viertel kam allerdings ONGC nicht aus dem Knick und die Punjabi heran. Nach der Pause war das Spiel ziemlich ausgeglichen, wobei ONGC im letzten Viertel fünf Minuten lang gar nichts machte und somit nur von ihrer hervorragenden Leistung im ersten Viertel profitierte. Die ersten zehn Minuten hatten das Spiel bereits entschieden.

Lustig war bei diesem Spiel anzusehen, wie man bei beiden Teams die Sikhs herausfinden konnten. Als Sikh – der Mann darf sich nie ohne Kopfbedeckung zeigen – darf man in Indien trotz Turban am Sport teilnehmen. Ein einfaches, dickes, schwarzes Tuch um die Haare reicht auch schon. Bei beiden Mannschaften war je ein Spieler so erkennbar dieser Religionsgemeinschaft zuzuordnen. Die allermeisten Sportler, die sich zum Sikhismus bekennen, tragen ganz selbstverständlich auch auf dem Sportplatz einen Turban. Problematischer ist in Indien übrigens das Thema muslimische Sportlerinnen und das Kopftuch. Die derzeit beste indische Sportlerin überhaupt ist eine muslimische Tennisspielerin, die auf dieses Kleidungsstück keinen Wert legt. Ob Sportlerinnen, die auf den Hijab Wert legen, spielen dürfen, hängt in Indien oft von der Gegend und der Willkür der Verantwortlichen ab.
Entgegen der Infos in der Zeitung gab es übrigens kein Frauenbasketball am Abend, sondern nur am Morgen. Die Abkürzungen a.m. und p.m. auseinanderzuhalten, fällt wohl auch Sportredakteuren der Times of India schwer...
Das Licht in der Halle ging langsam aus – und wir gingen zügig zum Hotel zurück.
IMG_3926
Statistik:
Grounds: 715 (heute 1 neuer; diese Saison: 121 neue)
Sportveranstaltungen: 1.483 (heute 2, diese Saison: 169)
Tageskilometer: 90 Öffentliche Verkehrsmittel (80 Bus, 10 Autorikscha)
Saisonkilometer: 41.960 (23.900 Auto/ 14.820 Flugzeug/ 2.010 Fahrrad/ 690 Bahn, Bus, Tram/ 0 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 38
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 294

Keine Kommentare: